Cushing-Syndrom
In der Nebenniere kann neben Adrenalin ( Phäochromozytom) und Aldosteron ( Conn-Syndrom) noch ein Hormon im Übermaß gebildet werden, welches zu einem sekundären Bluthochdruck führt - das Kortisol. Das entsprechende Krankheitsbild mit einer typischen Symptomkombination heißt Cushing-Syndrom oder Morbus Cushing. Die Erkrankung kommt bei Frauen drei Mal so häufig vor wie bei Männern. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
Cushing-Syndrom Ursachen
Das Kortisol wird natürlicherweise in der Nebennierenrinde produziert. Kortisol hat im Körper vielfältige Aufgaben. Es erhöht den Blutzuckerspiegel, beeinflusst den Eiweißhaushalt sowie die Blutbildung. Zudem greift es in den Salz- und Wasserhaushalt der Nieren ein. Seine entzündungshemmenden, antiallergischen und abwehrunterdrückenden Eigenschaften werden auch therapeutisch genutzt.
Daher können erhöhte Kortisolspiegel im Blut durch Medikamente hervorgerufen werden. Man spricht dann vom exogenen Cushing-Syndrom.
Jedoch verursachen folgende Erkrankungen ebenfalls das Cushing-Syndrom (endogener Morbus Cushing):
- Die Hirnanhangdrüse (Hypophyse), welche die Nebenniere reguliert, bildet zu viel von dem stimulierenden Hormon ACTH (Adrenocorticotrope-Hormon).
- Ein Tumor in der Nebennierenrinde produziert Kortisol.
- Bestimmte Tumoren, die an einer anderen Stelle im Körper lokalisiert sind (bsp. Lunge), stimulieren durch ACTH-Produktion die Nebenniere. Diese Ursache ist sehr selten.
Ungefähr zwei Drittel aller endogenen Erkrankungsformen sind auf ACTH produzierende Tumoren der Hirnanhangdrüse zurückzuführen. In diesem Fall finden sich erhöhte ACTH- und Kortisolwerte.
Bei den übrigen Patienten sind andere Kortisol produzierende Tumoren die Ursache für Hormonüberproduktion. Physiologischerweise wird bei hohen ACTH-Werten die Nebenniere angeregt, Kortisol zu bilden. Das ausgeschüttete Kortisol hemmt wiederum die ACTH-Produktion (= negative Feedback-Hemmung). Auch bei einem Kortisol produzierenden Tumor funktioniert dieser Mechanismus noch teilweise: Die ACTH-Ausschüttung wird gebremst. Bei den Betroffenen finden sich daher hohe Kortisol-Werte bei erniedrigten ACTH-Werten.
Cushing-Syndrom Symptome
In den meisten Fällen (85 % der Patienten) ist das Cushing-Syndrom verbunden mit einem schlecht zu behandelnden Bluthochdruck, wobei die Werte auf bis zu 200/120 mmHg steigen.
Symptomatisch für erhöhte Kortisolwerte sind auch:
- die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus): Kortisol hemmt die Aufnahme von Zucker (Glukose) in die Zellen. Er verbleibt in der Blutbahn. Außerdem unterstützt das Kortisol die Neubildung von Zucker in der Leber. Ein Zuviel des stimulierenden Hormons kann daher zu hohen Blutzuckerspiegeln führen.
- Knochenschmerzen und spontane Knochenbrüche sowie Verlust von Knochenmasse (Osteoporose): Das Kortisol hemmt die Kalziumaufnahme im Darm und in den Nieren. Der Kalziumspiegel fällt im Blut. Um dem entgegenzuwirken, wird vermehrt Parathormon ausgeschüttet, welches Kalzium aus den Knochen löst.
- Stammfettsucht: Darunter versteht man Fettablagerungen, die auf die Körpermitte konzentriert sind, bei gleichzeitig dünnen Armen und Beinen. Kortisol mobilisiert das Fett aus dem Fettgewebe und schwemmt es ins Blut. Messbar ist dies an den erhöhten Blutfettwerten und der Stammfettsucht. Typisch sind dafür auch ein kräftiger Nacken ("Stiernacken") und ein rundliches Gesicht ("Vollmondgesicht").
Als weitere Symptome zeigen sich:
- rote Dehnungsstreifen, vor allem am Bauch;
- blaue Flecken;
- Depressionen,
- Schlaflosigkeit;
- Libidoverlust bei beiden Geschlechtern; bei Frauen zusätzlich Menstruationsstörungen und evtl. männliche Körperbehaarung. Bei Männern kommt es zu Potenzproblemen. Kinder können unter Wachstumsstörungen leiden.
Bei Tumoren an der Hirnanhangdrüse können zusätzlich Kopfschmerzen auftreten.
Cushing-Syndrom Diagnose
Finden sich bei einem Patienten die typischen Symptome, wird zunächst abgeklärt, ob er evtl. Kortisol zu sich nimmt. Ist dies nicht der Fall, so untersucht man mit verschiedenen Tests, was die genaue Ursache des Cushing-Syndroms ist. Man geht dabei in mehreren Schritten vor:
Nachweis der zu hohen Kortisolausschüttung
Durch die Bestimmung von Einzelwerten aus dem Blut kann nicht auf das Syndrom geschlossen werden, denn die physiologische Konzentration des Hormons variiert je nach Tageszeit. Auch bei Stress erhöht sich die Ausschüttung des Kortisols, sodass allein die Blutabnahme schon zu erhöhten Werten führen kann.
Daher werden andere Methoden verwendet:
- Bestimmung des Kortisols aus dem 24-Stunden-Urin: Diese Art der Messung umgeht die tageszeitlichen Schwankungen und ergibt einen Wert über den gesamten Tagesverlauf.
- Kortisoltagesprofil: Dabei wird Blut um 8.00, 20.00 und 24.00 Uhr entnommen. Charakteristisch für das Cushing-Syndrom ist, dass der Kortisolspiegel in den Abend- und Nachtstunden nicht abfällt.
- Dexamethasonhemmtest (niedrig dosiert): Hierzu erhält der Patient um Mitternacht 2 Milligramm Dexamethason. Dieser Stoff ist dem körpereigenen Kortisol sehr ähnlich. Acht Stunden nach der Medikamentengabe wird das Kortisol aus dem Blutplasma bestimmt. Bei einem gesunden Menschen führt das Dexamethason dazu, dass der ACTH-Spiegel gesenkt wird und dadurch wiederum der Kortisol-Spiegel am nächsten Morgen niedrig ist. Bei Menschen mit einem Hypophysentumor, der ACTH ausschüttet, oder bei Patienten, die einen Tumor haben, der Kortisol produziert, bewirkt die Dexamethasongabe keine Veränderung des Kortisolspiegels.
Unterscheidung der einzelnen Tumorarten (Nebenniere, Hypophyse, andere Lokalisation)
- Dexamethasonhemmtest mit hohen Dosen: Dazu erhält der Patient acht Milligramm des Pharmakons. Fällt der Kortisolwert innerhalb von zwei Tagen, ist die Ursache wahrscheinlich ein Hypophysentumor. Bleibt der Wert hoch, produziert die Nebenniere das Kortisol oder ein anderer Tumor (bsp. in der Lunge) veranlasst seine Ausschüttung. Im Rahmen des Tests wird nach der Dexamethasongabe auch das ACTH aus dem Blut bestimmt. Ist dieser Wert ebenfalls erhöht, so liegt wahrscheinlich ein Tumor der Hirnanhangdrüse vor. Ist er niedrig, deutet dies auf einen Nebennierenrindentumor hin.
- CRT-Test: Die Abkürzung "CRT" steht Corticotropin Releasing Hormon. Es bewirkt, dass die Hirnanhangdrüse vermehrt ACTH ausschüttet. Führt die Gabe von CRT zu einer Erhöhung der ACTH-Werte, was meist der Fall ist, liegt die Ursache der hohen Kortisolwerte in der Hirnanhangdrüse. Bewirken die CRT-Gaben keinem Anstieg des ACTH, so deutet dies auf einen anders lokalisierten Tumor hin.
Tumorlokalisation
Abhängig von den oben beschriebenen Tests wird eine Computertomographie oder eine MRT (Kernspin) von der entsprechenden Körperregion gemacht. Es werden Gehirn oder Nebennieren oder im Falle eines anders lokalisierten (= ektopen) Tumors der Brust- und Bauchraum untersucht.
Cushing-Syndrom Behandlung
Zunächst stellt man mit Hilfe von Medikamenten den hohen Blutdruck soweit wie möglich ein.
Unabhängig von der Lokalisation des Tumors wird dann versucht, die Geschwulst operativ zu entfernen. Bei einem Tumor der Hirnanhangdrüse schiebt man dazu über die Nase eine Sonde bis zur Hirnanhangdrüse vor, durch die dann der Tumor entfernt werden kann. Ist diese Vorgehensweise aus irgendwelchen Gründen nicht möglich, so bleibt noch die Strahlentherapie, um den Tumor zu bekämpfen.
Sitzt der Tumor in der Nebenniere und produziert unabhängig vom ACTH zu viel Kortisol, so wird er laparoskopisch entfernt (= minimal-invasiver Eingriff).
Handelt es sich um einen sogenannten ektopischen Tumor, der also außerhalb der normalen Lokalisationen sitzt, so liegt häufig eine bösartige Geschwulst vor. Hier ist unter Umständen zusätzlich zur Operation eine Chemotherapie nötig.
Nach der Entfernung des Tumors sind die Kortisolkonzentrationen über einen gewissen Zeitraum oft zu niedrig. In dieser Zeit erhält der Patient dann unterstützend Kortisol. Nach maximal einem halben Jahr wird diese Therapie dann langsam reduziert (= ausgeschlichen) und das Kortisol schließlich ganz abgesetzt. Die Nebennieren haben sich dann so weit erholt, dass sie die Kortisolproduktion wieder voll aufnehmen können.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009