medhost.de

Medikamentöse Behandlungsstrategien

Wann beginnt man mit einer medikamentösen Bluthochdruckbehandlung?

Je höher der ermittelte Ausgangsblutdruck ist und desto mehr kardiovaskuläre (= das Herz-Kreislaufsystem betreffend) Risiken ein Patient hat, desto früher setzt man Medikamente zur Bluthochdruckbehandlung ein. Für die Art der Bluthochdruckbehandlung ist also nicht nur der Blutdruck verantwortlich, sondern noch andere Faktoren, die man unter dem sogenannten kardiovaskulären Risiko zusammenfasst. Darunter versteht man beispielsweise erhöhte Blutfettwerte, Rauchen, Übergewicht, bestimmte Erkrankungen usw..

Zur Risikoabschätzung kann unter anderem der PROCAM-Score herangezogen werden. Dabei werden bestimmten Blutwerten (HDL- und LDL-Cholesterin, Triglyceride) und Altersgruppen Risikopunkte zugeordnet. Ebenfalls „bepunktet“ werden das Vorliegen eines Diabetes mellitus (ja = 6 Punkte, nein = 0 Punkte), das Rauchverhalten (ja = 8 Punkte, nein = 0 Punkte), die familiäre Vorbelastung und die Blutdruckwerte. Je mehr Punkte sich addieren lassen, desto größer ist das kardiovaskuläre Risiko. Damit ist hier das Risiko gemeint, in den nächsten 10 Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden. Die Auswertung erfolgt anhand bestimmter Tabellen (weitere und genauere Ausführungen siehe unter dem Punkt Risikobeurteilung).

Welche Therapie ist bei welchem Blut(hoch)druck angezeigt?

Die folgende Tabelle zeigt die möglichen Behandlungsstrategien an. Dabei werden sowohl der Blutdruck, als auch die kardiovaskulären Risiken miteinbezogen.

Blutdruck in mmHg
< 130/85
optimal und normal
< 140/90
hoch-normal
< 160/100
Stadium 1

milde oder leichte Hypertonie

< 180/110
Stadium 2
mittel-schwere Hypertonie
darüber

Stadium 3 und 4, schwere und sehr schwere Hyper-tonie

Zusätzliche Faktoren oder Erkrankungen

Risiko/Behandlung

Keine Risikofaktoren

durch-
schnittlich/
keine
durch-
schnittlich/
keine
niedrig/evtl.
Medikam.
mittel/
Medikam.
hoch/
Medikam.

ein bis zwei Risikofaktoren

niedrig/
beobachten
niedrig/
beobachten
mittel/
mittel/
 

sehr hoch/

Medikam.

mindestens 3 Risikofaktoren oder Endorganschäden oder Diabetes mellitus

mittel/
beobachten
hoch/
Medikam.
hoch/
Medikam.
hoch/
Medikam.

sehr hoch/

Medikam.

Begleiterkr.: Herzkreislauf- oder Nieren

hoch/je
nach
Begleit-erkrankung
hoch/je
nach
Begleit-erkrankung

sehr hoch/

Medikam.

sehr hoch/

Medikam.

sehr hoch/

Medikam.

Mit kardiovaskulärem Risiko meint man in der zugrunde gelegten Risikodarstellung (siehe Abschnitt Risikoabschätzung) folgende Ereignisse, die in den nächsten 10 Jahren eintreten:

Mit dem Wort „Risiko“ ist folgendes gemeint:

Nach diesen wissenschaftlichen Richtlinien sollte man auch schon bei einem hochnormalen Blutdruck (130 – 139/85- 89 mmHg) und drei Risikofaktoren, wie erhöhten Blutfettwerten, Übergewicht und Rauchen, ein Bluthochdruckmedikament bekommen. Natürlich ist auch hier die Änderung der Lebensweise wichtig!

Welche Patientengruppen sollten besonders kosequent therapiert werden?

Besonders konsequent sollten folgende Patientengruppen behandelt werden:

Was sind die Zielwerte, die man erreichen will?

Ziel ist eine zuverlässige Senkung des Blutdrucks auf Werte unter 140/90 mmHg. Dies gilt für Patienten, die keine der folgenden Begleiterkrankungen haben.

Bei Diabetikern, die gleichzeitig unter Bluthochdruck leiden, und Patienten mit einem hohen bzw. sehr hohen kardiovaskulären Risiko liegt der Zielwert bei 130/80 mmHg.

Bei Hypertonikern, die an einer Nierenschwäche leiden und übermäßig Protein im Urin aufweisen (= Proteinurie mit über einem Gramm pro Tag) liegt der Zielwert sogar bei 125/75 mmHg.

Was ist das Stufenschema?

Bis 2004 war das sogenannte Stufenschema in der Bluthochdrucktherapie gültig. Dabei wurde die Behandlung mit einem Medikament begonnen (Monotherapie). Nur bei unzureichender Blutdrucksenkung wurde als 2. Stufe eine Kombinationstherapie (= Behandlung mit zwei oder mehreren blutdrucksenkenden Mitteln) verordnet.

Wie therapiert man heute?

Heutzutage geht man etwas flexibler vor. Die fünf Medikamentengruppen - Diuretika, Betablocker, Angiotensin-II-Antagonisten, ACE-Hemmer und Kalziumantagonisten - werden als gleichrangig angesehen und als Pentagramm (= fünfeckiger Stern) dargestellt, wobei die einzelnen Mittel die Ecken bilden. Die Verbindungen zwischen den Medikamentengruppen stellen ihre Kombinationsmöglichkeiten dar. Dabei unterscheidet man zwischen „Kombination sehr sinnvoll“ und „Kombination möglich“. Die Auswahl der Mittel erfolgt individuell nach Alter und gegebenenfalls nach vorliegenden Begleiterkrankungen (bsp. Diabetes, Niereninsuffizienz, Asthma, Herzkrankheiten).

Kombinationstherapien werden wesentlich früher eingesetzt als bei der Stufentherapie, bevorzugt wird die Kombination aus einem Betablocker und einem Diuretikum. Allerdings sollte diese Kombination nicht beim metabolischen Syndrom, einer Neigung zu Diabetes oder bei bestehender Diabetes angewendet werden.

Weitere mögliche „sehr sinnvolle Kombinationen“ sind:

Als „mögliche Kombinationen“ werden folgende angesehen:

Reicht eine Zweierkombination nicht aus, um den Blutdruck in den Griff zu bekommen (selten), so werden auch drei oder noch mehr Medikamente kombiniert. Mögliche Kombinationen sind:

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009