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Bluthochdruck in der Schwangerschaft

Es gibt verschiedene Ausprägungsformen des Bluthochdrucks im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft. So kann die betroffene Frau bereits vor der Schwangerschaft unter einer Hypertonie leiden oder der Bluthochdruck tritt das erste Mal während dieser Zeit auf. Außerdem können die hohen Werte nur vorübergehend oder die ganze Schwangerschaft über vorhanden sein. Gefürchtet ist eine schwangerschaftsspezifische Erkrankung, deren vornehmliches Indikatorsymptom ein Bluthochdruck von oder über 140/90 mmHg ist - die Gestose ("Schwangerschaftsvergiftung"). Je nach den auftretenden Symptomen werden die beiden Ausprägungsformen die "Präeklampsie" und die "Eklampsie" unterschieden (siehe unten). Im neueren medizinischen Fachjargon findet sich auch die Bezeichnung "schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (SIH)". Sie kommt bei ungefähr 1 bis 5 Prozent aller Schwangerschaften in Industrienationen vor. Die Erkrankung kann zum Tod der Mutter und/oder des Kindes führen.

Normale Veränderungen des Blutdrucks in der Schwangerschaft

Auch der Blutdruck passt sich der veränderten Situation in einer Schwangerschaft an. Das heranwachsende Kind muss optimal mit Nährstoffen versorgt werden. Dies geschieht über den Mutterkuchen (Plazenta) und die Nabelschnur. Um eine ausreichende Nährstoffversorgung zu gewährleisten, weiten sich die Blutgefäße der werdenden Mutter und sie lagert vermehrt Wasser und Salze ein.

Durch die Weitstellung der Gefäße sinkt der Blutdruck in den ersten sechs Monaten einer Schwangerschaft für gewöhnlich ab. Aus diesem Grund kann es sein, dass bei einem vorher bestehenden Bluthochdruck die Hypertonikerin in dieser Zeit oft sogar auf ihre Bluthochdruckmittel verzichten oder diese reduzieren kann (Rücksprache Arzt! regelmäßige Blutdruckkontrollen!).

Was sollte man vor einer geplanten Schwangerschaft beachten?

Im Zusammenhang mit Bluthochdruck und Schwangerschaft muss man einem bestimmten Organ, das den Blutdruck auch beeinflussen kann, besondere Beachtung schenken - den Nieren. Falls eine Frau bereits vor der Schwangerschaft unter einer Nierenfunktionsstörung litt, kann sich diese in der Schwangerschaft verschlechtern und es kann sogar eine Niereninsuffizienz auftreten. Ist eine Nierenschädigung bereits bekannt, so sollte die Familienplanung mit einem erfahrenen Arzt besprochen werden. Auch bei bekanntem, bereits bestehendem Hypertonus ist es sinnvoll, sich vor einer geplanten Schwangerschaft auf evtl. Schäden an den Nieren, dem Herzen oder den Augen untersuchen zu lassen.

Formen der Hypertonie in der Schwangerschaft

1. Chronische Hypertonie

Eine chronische Hypertonie besteht unabhängig von einer Schwangerschaft. Für gewöhnlich ist dies der Fall bei Frauen, die bereits vor der Empfängnis Blutdruckwerte von über 140/90 mmHg hatten oder bei denen die hohen Werte vor der 20. Schwangerschaftswoche festgestellt wurden. Viele Frauen kennen ihre normalen Blutdruckwerte gar nicht. Sie werden erstmals bei den Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen festgestellt und ein Hypertonus - auch chronischer Natur - hier das erste Mal aufgedeckt. Wie bereits erwähnt, kann es sein, dass bei einem chronischen Hypertonus die Bluthochdruckmittel in der Schwangerschaft reduziert oder sogar abgesetzt werden können. Solange der diastolische Wert (2. Blutdruckwert) nicht über 100 mmHg steigt, werden die Mittel auch erst wieder nach der Schwangerschaft verordnet.

Mittel der ersten Wahl in der Schwangerschaft ist Methyldopa. Eingesetzt werden können sonst auch noch einige Betablocker. Bei Kalziumantagonisten liegen keine Langzeiterfahrungen über mögliche Auswirkungen auf das Ungeborene vor. ACE-Hemmer und Sartane sind in der Schwangerschaft kontraindiziert, da sie dem ungeborenen Kind schaden können. Auch von Diuretika wird abgeraten.

Während der Schwangerschaft sollte sich eine Frau, die unter chronischer Hypertonie leidet, keinen großen körperlichen Anstrengungen aussetzen. Die Versorgung des Ungeborenen kann dadurch beeinträchtigt werden.

Die chronische Hypertonie in der Schwangerschaft ist für gewöhnlich gut regulierbar, stellt aber immer eine potenzielle Gefahr für Mutter und Kind dar, vor allem, wenn zum Bluthochdruck noch eine vermehrte Proteinausscheidung im Urin dazukommt.

Kritisch ist es insbesondere, wenn der diastolische Wert 110 mmHg überschreitet. Dann sind folgende Komplikationen möglich:

2. Schwangerschaftshypertonie

Von einer Schwangerschaftshypertonie spricht man, wenn es während der Schwangerschaft zu einem Anstieg des Blutdrucks kommt. Weitere Krankheitszeichen, wie eine erhöhte Ausscheidung von Protein im Urin oder starke Wassereinlagerungen, sind nicht vorhanden. Auch besteht kein frühmorgendlicher Kopfschmerz sowie Ohrensausen oder Nasenbluten.

Charakteristischerweise finden sich die erhöhten Werte in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft. Dieser vorübergehende Bluthochdruck korreliert nicht mit einem großen Risiko für Mutter und Kind. Meist normalisiert sich der Bluthochdruck ein paar Tage nach der Geburt wieder. Jedoch ist bei einer erneuten Schwangerschaft die Wahrscheinlichkeit, wieder unter einer Hypertonie zu leiden, deutlich erhöht. Auch das Risiko, im Laufe der Jahre eine essenzielle Hypertonie zu entwickeln, ist deutlich erhöht.

Für die bestehende Schwangerschaft besteht meist keine große Gefahr, weshalb für gewöhnlich der Hypertonus nicht medikamentös behandelt wird. Empfehlenswert sind aber Allgemeinmaßnahmen, wie körperliche Schonung (Ruhepausen) und die Ausschaltung von Stressfaktoren (bsp. Arbeitsunfähigkeit). Absolute Alkohol- und Nikotinkarenz sind angezeigt.

3. Präeklampsie

Eine Präklampsie ist gekennzeichnet durch einen Bluthochdruck mit Symptomen wie Kopfschmerz (Hinterkopf), Sehstörungen, Ohrensausen, Magenschmerzen, Schwindel, Nasenbluten und Luftnot bei Belastung. Hinzu kommen meist starke Wassereinlagerungen (Ödeme) und eine erhöhte Eiweißausscheidung im Urin. Charakteristischerweise tritt die Erkrankung nach der 20. Schwangerschaftswoche oder sogar erst im letzten Drittel der Schwangerschaft auf. Mit der Geburt verschwinden die Symptome nach einigen Tagen oder Wochen von selbst. Die Entbindung stellt auch die einzige ursächliche Therapie für eine Präeklampsie dar.

Ursache und Risikofaktoren

Die genaue Ursache für die Präeklampsie ist nicht bekannt. Als mögliche Gründe werden eine Fehlfunktion der Plazenta oder immunologische Ursachen diskutiert. Jedoch kennt man einige Faktoren, die das Risiko einer Präeklampsie erhöhen. Dazu zählen:

Diagnose der Präeklampsie

Bei den Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen wird immer der Blutdruck gemessen. Erste Hinweise auf die Erkrankung sind ein Blutdruck von oder über 140/90 mmHg und hohe Eiweißwerte im Urin, die auch routinemäßig untersucht werden. Dazu treten oft auch Wassereinlagerungen in den Beinen und Armen auf. Weitere Symptome können hinzukommen:

Wenn sich die Erkrankung verschlechtert, verstärken sich auch die Symptome. So kann der Kopfschmerz bsp. schlimmer werden. Außerdem können noch weitere Krankheitszeichen hinzukommen:

Bisweilen schwer zu beurteilen ist es, ob bei der Schwangeren eine chronische Hypertonie vorliegt oder eine Präeklampsie, oder ob die chronische Hypertonie in eine Präeklampsie abgleitet?

Auf Letzteres deuten folgende Befunde hin:

Behandlung

Je nach Schwere der Symptome erfolgt die Behandlung ambulant oder in einem Krankenhaus. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, die Erkrankung durch die Entbindung zu beenden. Dies ist ab der 36. Schwangerschaftswoche möglich. Ist das Kind noch nicht so alt, so wird dies sehr kritisch gesehen, da noch nicht alle Organsysteme ausgereift sind. Prinzipiell versucht man, die Schwangerschaft so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, damit das Ungeborene die besten Startchancen ins Leben hat. Es darf jedoch keine Gefahr für das Leben der Mutter bestehen.

Folgende Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung:

Prinzipiell ist es möglich, dass eine Frau mit Präeklampsie auf natürlichem Wege entbindet. Je nach Zustand des Kindes oder in Abhängigkeit von bestimmten Begleiterkrankungen kann aber auch ein Kaiserschnitt besser sein (Einzelfallentscheidung).

5. Eklampsie

Treten bei einer Schwangeren mit Präeklampsie auch noch neurologische Krankheitszeichen auf, wie bsp. Augenflimmern und Krampfanfälle, so spricht man von einer Eklampsie. Die Eklampsie kommt nur selten vor; auf Tausend Schwangerschaften etwa zwei Fälle. Typische Zeitpunkte des Auftretens sind kurz vor oder während der Geburt. Die Eklampsie ist für Mutter und Kind lebensbedrohlich. Der Grund für die Krämpfe ist eine Gefäßengstellung im Gehirn. Es wird dadurch nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.

Tritt der Krampfanfall nicht in der Klinik auf, so sollte der Ersthelfer die Schwangere in die stabile Seitenlage bringen. Damit sich die Schwangere nicht auf die Zunge beißt, sollte ihr ein Keil (bsp. Gummikeil, Taschentuch) vorsichtig in den Mund geschoben werden. Gefährliche Gegenstände müssen aus ihrem Umfeld verschwinden. Der sofort herbeigerufene Notarzt beendet die Krämpfe durch das Spritzen von Diazepam oder Magnesium. Eventuell ist eine Beatmung nötig; der Blutdruck wird gesenkt. Gleichzeitig erfolgt eine Untersuchung des Ungeborenen. Bei stabiler Lage wird die Geburt eingeleitet (meist Kaiserschnitt).

Nach der Geburt werden krampflösende Mittel noch bis zum Verschwinden der Präeklampsie- und Eklampsiesymptome gegeben (meist ein paar Tage).

Bluthochdruck und Stillen

Mittel der 1. Wahl zur Behandlung eines chronischen Bluthochdrucks in der Stillzeit ist Methyldopa. Es gelangt nur in geringen Konzentrationen in die Muttermilch. Alternativ kann auch der Betablocker Metoprolol und die Kalziumantagonisten Nifedipin, Nitrendipin und Verapamil eingesetzt werden. ACE-Hemmer, wie Captopril und Enalapril, gehen auch nur in geringen Mengen in die Muttermilch über.

Vielleicht ist es auch möglich - unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle - auf die Bluthochdruckmittel während der Stillzeit zu verzichten. Eventuell genügen die nichtmedikamentösen Behandlungsmethoden (Bewegung, Nikotinverzicht, Einschränkung des Salzkonsums und Gewichtsreduktion) bereits aus, um den Blutdruck in normalen Grenzen zu halten.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009