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Nieren und sekundäre Hypertonie

Die Nieren können auf vielfältigste Weise in das Bluthochdruckgeschehen involviert sein. So kann ein längere Zeit herrschender Bluthochdruck bei vorher nicht bestehendem Nierenschaden eine Schädigung der Nieren hervorrufen. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer essenziellen (selbstständigen) Hypertonie.

Demgegenüber bedingen Schäden an den Filtrationsorganen selbst auch einen erhöhten Blutdruck. Ist die Nierenschädigung zuerst da und dann entwickelt sich daraus der hohe Blutdruck, so spricht man von einer sekundären Hypertonieerkrankung.

Es gibt vornehmlich zwei Arten von Nierenerkrankungen, die zum Bluthochdruck führen: eine Schädigung des Nierengewebes (Parenchymschäden) und die Nierenarterienstenose. Sie stellt eine Verengung der Blut zuführenden Arterien der Nieren dar.

Schäden am Nierengewebe

Eine Schädigung des Nierengewebes ist die häufigste Ursache für einen sekundären Bluthochdruck. Man spricht von einer renoparenchymatösen Hypertonie (= das Nierengewebe betreffende Hypertonie).

Dabei kann der Verlust von funktionsfähigem Nierengewebe langsam voranschreiten, das heißt chronisch verlaufen, oder akut und plötzlich auftreten.

Mögliche Gründe für eine chronische Parenchymschädigung sind:

Mögliche Gründe für eine akute Parenchymschädigung sind:

Bei allen möglichen Ursachen für die nierenbedingte Hypertonie ist es wichtig, den Blutdruck schnellstmöglich unter Kontrolle zu bringen, denn die Nieren werden durch den Blutdruck noch weiter zerstört. Eine Folge der weiteren Nierenschädigung ist, dass der Blutdruck noch weiter ansteigt. Dieser Teufelskreis muss unbedingt durchbrochen werden.

Wie diagnostiziert man die Nierenparenchymschäden?

Das Heimtückische bei einer schleichenden Nierenschädigung ist, dass Symptome erst bei einem hohen Grad der Schädigung auftreten. Erst bei einem Funktionsverlust von ungefähr 70 Prozent kommt es zur Blutarmut (Anämie -> mangelndes Erythropoetin), Bluthochdruck und Knochenveränderungen. Erst wenn sich Giftstoffe im Körper ansammeln, fühlt sich der Betroffene richtig schlecht und sucht einen Arzt auf. Dann können aber bereits 90 Prozent der Nieren geschädigt sein. Typische Anzeichen eines völligen Versagens der Nieren (Niereninsuffizienz) sind: Müdigkeit und Schwäche, Atem mit Uringeruch, metallischer Geschmack im Mund, Übelkeit und Erbrechen sowie juckende Haut und Kurzatmigkeit.

Wesentlich früher kann man eine Nierenschädigung durch Blut- und Urinuntersuchungen feststellen. Der Bluttest greift, wenn ungefähr 50 Prozent des Nierengewebes in Mitleidenschaft gezogen sind. Es wird auf Kreatinin und Harnstoff im Blut untersucht. Beides sind normale stoffwechselbedingte Abbauprodukte, die über die Nieren ausgeschieden werden. Eine Anreicherung im Blut deutet auf eine Schädigung der Organe hin. Frühe Schäden der Nieren können bereits durch einen Urintest aufgedeckt werden. Man kann die Schäden dann in einem Stadium erkennen, in dem der weitere Untergang des Nierengewebes noch aufgehalten werden kann. Mit Hilfe von Teststreifen lässt sich die Menge an kleinen Eiweißpartikeln (Mikroalbuminurie) feststellen. Die geschädigte Niere filtriert nicht mehr so effektiv, daher werden diese Mikroalbumine nicht mehr im Blut zurückgehalten. Auch eine Ultraschalluntersuchung der Nieren ist ein gutes diagnostisches Mittel, um eine Nierenschädigung aufzudecken. Bringen all diese eher weniger belastenden Untersuchungen keine klaren Befunde, so bleibt noch die Möglichkeit Nierengewebe zu entnehmen (Biopsie) und dieses genauer zu untersuchen.

Wie wird behandelt?

In allen Stadien der Nierenschädigung ist es wichtig, den Blutdruck effektiv zu senken. Besonders geeignet ist in diesem Fall die Medikamentengruppe der ACE-Hemmer. So sind diese Hypertensiva besonders für Diabetiker sinnvoll, da sie die Nierenschädigung stoppen oder sogar wieder kurieren können.

Daneben gibt es noch einige diätische Empfehlungen. So sollten der Salzkonsum und die Eiweißaufnahme reduziert werden.

Bei einem Nierenversagen, also wenn die Nieren nicht mehr funktionstüchtig sind, muss die Entgiftung des Blutes mit Hilfe von speziellen Geräten, in Form einer Dialyse, durchgeführt werden. Eine weitere Möglichkeit der Behandlung bei Nierenversagen ist die Nierentransplantation.

Verengung der Nierenarterien

Eine Verengung der Blut zuführenden Gefäße der Nieren (= Nierenarterien) nennt man Nierenarterienstenose. Ungefähr 6 von 100.000 Menschen weisen eine solche Gefäßerkrankung auf. Der Bluthochdruck entwickelt sich, weil im Falle dieser Verengung die Nieren nicht ausreichend mit Blut versorgt werden. Dann springt das sogenannte natürliche Regulationssystem RAAS (= Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) an. Es wird vermehrt Renin gebildet, was über mehrere Zwischenschritte zu einem Anstieg des Hormons Aldosteron führt. Dieses Hormon bewirkt, dass weniger Wasser und Salz ausgeschieden werden. Die Blutvolumenzunahme führt zur Steigerung des Blutdrucks. Sehr sinnvoll ist dieses körpereigene Regulationssystem, wenn ein Blutverlust vorliegt oder der Blutdruck sehr niedrig ist. Die Versorgung der Nieren mit Blut wird durch das RAAS weiterhin gewährleistet. Im Falle einer Nierenarterienstenose kann aber durch die vermehrte Renin-Ausschüttung keine bessere Versorgung der Nieren mit Blut erreicht werden. Der Blutdruck bleibt hoch.

Ursachen der Nierenarterienstenose

Es gibt viele Erkrankungen, die zu einer Verengung (= Stenose) der Nierenarterien führen. Zu nennen sind hier:

Diagnostik der Nierenarterienstenose

Beim Abhören des Bauchraumes mit dem Stethoskop kann der Arzt - ungefähr bei der Hälfte der Betroffenen - ein ungewöhnliches Strömungsgeräusch wahrnehmen. Ein weiterer Hinweis auf eine Nierenarterienstenose sind erniedrigte Kaliumwerte im Blut; denn die vermehrte Aldosteronbildung führt zu einer vermehrten Ausscheidung von Kalium über die Nieren. Weitere Hinweise sind ein erhöhter Blutdruck, der nicht auf Medikamente anspricht.

All diese Umstände erhärten den Verdacht, dass die Nierenarterien verengt sind. In diesem Fall wird eine spezielle Untersuchung der Nieren - eine Angiographie oder Gefäßdarstellung - durchgeführt (siehe dazu auch den Artikel "Apparative Untersuchungen"). Mit ihrer Hilfe kann die Stenose genau sichtbar gemacht und lokalisiert werden.

Therapie der Nierenarterienstenose

Man versucht das Gefäß mithilfe eines feinen stabilen Schlauches (= Katheter) aufzuweiten. Diese Methode bezeichnet man als Angioplastie oder auch Ballondilatation. Dazu wird der Katheter in die Arterie eingeführt. Genau an der Stelle, die verengt ist, wird ein Ballon am Ende des Katheters aufgeblasen und geweitet. Meist wird in einem zweiten Schritt eine kleine Gefäßstütze aus Draht an der geweiteten Stelle platziert, um das Risiko einer erneuten Stenose (Verengung) zu reduzieren.

Als zusätzliche Maßnahme werden vornehmlich ACE-Hemmer (= bestimmte Bluthochdruckmittel) eingesetzt, welche die Umwandlung von Renin zum blutdrucksteigernden Hormon Aldosteron hemmen.

med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009